Die Museumsbrauerei in Singen / Thüringen

Geschichte

Die Geschichte der Singer Brauerei beginnt bereits mit der Entstehung einer Fuhrmannsschenke, etwas außerhalb des Dorfes, an der alten Nürnberg-Erfurter Landstraße. Sie verlief von Königsee kommend, durch die Singer Flur hinab ins Ilmtal. Eine lange Pappelallee erinnert noch heute an diese Straße, die im 15. und 16. Jahrhundert tatsächlich zu den „Hanseschen Handelsstraßen“ gehörte und bis ins 19. Jahrhundert rege benutzt wurde. Die Ausspanne am Ortsrand von Singen bestand im 17. Jahrhundert nachweislich aus einem Gasthof mit sechs Zimmern, einer Schmiede nebenan und einem Brauhaus. Eigentümer war zunächst die Landesherrschaft, seit 1712 die Gemeinde Singen. Im Jahr 1867 kam der Gasthof mit allem Zubehör in den Besitz des Bierbrauers Ernst Heinrich Jacobi. Mit der damals in Deutschland einsetzenden Industrialisierung erlebte auch das Brauwesen einen beachtlichen Aufschwung. Von besonderer Bedeutung erwies sich dabei der Einsatz von Dampfkraft und der Verwendung von Kühleis. Somit konnte Bier in weitaus größeren Mengen und von besserer Qualität und Haltbarkeit hergestellt werden (Lagerbiere). Viele Kleinbetriebe der alten Produktion gaben auf, andere stellten auf Dampfkessel- und Lagerbetrieb um und weiteten sich zu größeren Betrieben aus. Auch Jacobi richtete 1875 seinen Betrieb moderner ein, zehn Jahre später gab er ihn jedoch auf. Im März 1885 verkaufte er die Brauerei an den Braumeister Richard Schmitt. Schmitt spürte, wie Jacobi, von Anfang an die Konkurrenz der nahen Stadtilmer Brauerei, die bereits Lagerbier braute und auslieferte. Andere Brauereien in der Umgebung wurden 1893 (Watzdorf) und 1895 (Rudolstadt) erweitert und mit Dampfkesselanlage ausgerüstet. Für Braumeister Schmitt war eine Modernisierung seines Betriebs unerlässlich, sollte der weiterexistieren. So trieb er in den folgenden Jahren engagiert und beharrlich die Erweiterung des Betriebes und der Produktion voran. 1893 wurden ein Gär- und ein Lagerkeller sowie zwei Eiskeller gebaut; 1904 ein „Dampf-Sparmotor“ angeschafft. Ein neues Bierfilter mit Pumpe und Fassfüller wurde 1911, neue Sudbehälter 1915 gekauft. Außerdem betrieb Schmitt zwei Gaststätten in Singen und lieferte an zehn weitere in der Umgebung. Als Richard Schmitt 1932 starb, übernahm sein Sohn Hugo Schmitt den Gaststättenbetrieb, seine Sohn Oskar Schmitt die Brauerei. Er baute die Flaschenfüllerei an, kaufte Waschmaschine und Füllapparat, da sich Flaschenbiere zunehmender Beliebtheit erfreuten. Oskar Schmitt und seine Frau Ida führten die Brauerei auch während der schwierigen Kriegs- und Nachkriegsjahre unbeirrt weiter, seit Anfang der sechziger Jahre gemeinsam mit ihrer Tochter Edith und deren Ehemann Fritz Obstfelder. Die Brauerei wurde von ihnen mit dem vorhandenen technischen Apparat als Kleinstunternehmen betrieben und blieb somit auch während der DDR-Zeit als privater Familienbetrieb erhalten. Seit 1990 obliegt Braumeister Uwe Obstfelder, dem Sohn von Edith und Fritz Obstfelder, die Verantwortung für den Brauvorgang und den teilweise nunmehr einhundert Jahre alten Maschinenpark. Einige technologische Veränderungen im Abfüllbereich dienten der Qualitätsverbesserung des Bieres. Die Bierherstellung wird jedoch nach wie vor in der alten handwerklichen Weise durchgeführt und die Brauerei bildet die Erwerbsgrundlage für eine Familie.

SingenBrauerei_volk

Gebäude und Maschinen

Die Anlage besteht aus mehreren Gebäudeteilen, die nacheinander an einem Sandsteinhang errichtet wurden. Das Brau- oder Sudhaus besitzt ein massives, aus Naturstein gefügtes Erdgeschoss; das Obergeschoss ist eine Fachwerkkonstruktion. Hier befinden sich Braupfanne und Läuterbottich sowie Würzepumpe und Würzekühler. An die Westseite des Brauhauses wurde das Kesselhaus angebaut für Dampfmaschine und Dampfkessel. Ein weiterer Anbau beherbergt den Flaschenkeller. An der Ostseite befinden sich Gär- und Lagerkeller. Die Eiskeller sind in den Felsen hineingehauen, nur die oberen Teile wurden massiv aufgemauert. Im Inneren wurden sie mit Korkplatten ausgeschlagen und die Fußböden mit Bohlen belegt. Zwei Teiche, die bis in die sechziger Jahre der Eisgewinnung dienten, befinden sich gegenüber der Brauerei.

Das technische Denkmal

Die Braustätte in Singen stellt mit ihrer technologischen Ausrüstung eine Besonderheit dar. Der gesamte technische Apparat sowohl für die Malzverarbeitung, die Würzeherstellung und -kühlung als auch für die Reifung und Abfüllung des Bieres wurde zwischen 1885 und 1930 installiert und in Betrieb genommen.

Die vorhandene Dampfkraftanlage mit Transmissionen existiert seit 1920. Die Maschinen wurden kaum verändert und stellen teilweise technische Unikate dar. Sie sind, abgesehen von altersbedingten Verschleißerscheinungen vollständig betriebsfähig. Notwendige Ergänzungen in der brautechnologischen Ausstattung wurden an den vorhandenen Bestand angepasst. 1976 wurde die Brauerei Schmitt unter Denkmalschutz gestellt.